Alpaka-Show
von Laura
Früher als ich noch jung war…
Wenn man klein ist hat man immer die außergewöhnlichsten Lieblingstiere. Meins war zwar schon immer der Hund, aber das kann man ja Leuten mit Lieblingstieren wie dem Einhorn, Dinosaurier, Seeteufel und diversen gruseligen Reptilien wie Schlangen und was es, da sonst noch so gibt nicht sagen. Also musste ich mir etwas einfallen lassen. Meistens war es dann der Löwe, ein Pinguin, das Nilpferd oder die Giraffe. Eben etwas, das man ohne peinlich berührt sein zu müssen, sagen konnte. Wenn ich allerdings heute, ein paar Jahren später, und ohne diese Art von Gruppenzwang (den ich glücklicherweise hinter mir gelassen habe) über diese Frage nachdenke, kommt es mir seltsam vor ein Lieblingstier zu haben, von dem man keine Ahnung hat, oder mit dem man nur mal durch das Klopfen an eine Scheibe in Kontakt getreten ist. Ich finde man sollte schon mal die Möglichkeit gehabt haben jenes Tier besser kennenzulernen. Nun steht bei mir an erster Stelle natürlich immer noch der Hund, jetzt jedoch dicht gefolgt von dem Alpaka. Bevor ich nach Kanada gekommen bin wusste ich nicht sonderlich viel über diese außergewöhnlichen und tollen Tiere, doch jetzt, da ich sie kennengelernt habe möchte ich sie nicht mehr missen. Der Abschied wird mir wohl ziemlich schwer fallen. Also liebe Familienmitglieder und Freunde, schafft euch ein paar Alpakas und Hunde an, sonst überlege ich mir das mit dem heimkommen nochmal.
Mein vergangenes Wochenende widmete ich also mal wieder ganz diesen wunderbaren Tieren. Es ging nämlich ab nach Red Deer zu einer Alpaka-Show. Sechs super hübsche Alpakas und vier Menschen zu deren Aussehen ich mich nicht äußern werde, machten sich freitagmorgens um 3 a.m nach kanadischer Ortszeit auf den Weg. Doch bevor es wirklich losgehen konnte war natürlich einiges an organisatorischem Talent gefordert, welches Sylvia zum Glück besitzt. Nachdem wir also Donnerstagabend alles in den Truck (Pick-Up in Germany) geladen hatten was man so für eine Show braucht und auch die Tiere schon im Trailer verstaut waren haben wir noch einen schönen Abend zusammen verbracht. Als wir unsere leckere selbstgemachte Pizza aufgegessen hatten und alle anderen zu Bett gingen habe ich langsam mal angefangen zu packen… Ich werde es vermutlich nie lernen frühzeitig und wenig zu packen. Aber da ich ein Mädchen bin wird ja auch nichts anderes von mir erwartet.
Trotz allem war ich Freitagmorgen die erste aufbruchsbereite Person. Lag vermutlich daran, dass ich extra früh aufgestanden bin, da ich zusätzlich zu den „Was hast du denn alles dabei? Wir sind doch nur drei Tage weg“, keine, „Mädchen sind immer zu spät“ Sprüche hören wollte. Dazu kommt natürlich auch, dass wir Deutschen für unsere Pünktlichkeit bekannt sind und ich diesen Ruf nicht mutwillig zerstören wollte.
Glücklicherweise wurde ich nicht für den Fahrdienst eingeteilt. So konnte ich in aller Ruhe noch mal die Augen schließen und mich entspannt zurücklehnen. Die Fahrt von Enderby nach Red Deer dauert ungefähr so lange wie der Flug von Frankfurt nach Vancouver, also an die zehn Stunden. Ziemlich lange, wenn man bedenkt, dass man nur kurz dem Nachbarstaat einen Besuch abstatten will. Als ich das nächste Mal meine vom Schlaf ganz verquollenen Äugelein öffnete, staunte ich nicht schlecht. Wir waren Mitten in den Rockies angekommen! Als ob dieser Anblick nicht schon atemberaubend genug gewesen wäre kam nun auch noch die Sonne hinter den Bergspitzen zum Vorschein und hat diese zum glühen gebracht. Ich glaube das war eines der schönsten Dinge die ich je gesehen habe. Diese Berge sind einfach gigantisch und wunderschön, ich kann es gar nicht erwarten sie mir im Sommer, wenn alles grün ist noch einmal genauer anzusehen. Es ist sogar so atemberaubend schön, dass ich gar nicht weiß wie ich es in Worte fassen soll.
Etliche Stunden und einige Stopps bei Timi’s (Tim Hortons) später kamen wir an. Was waren wir alle froh, dass wir endlich unsere Beine wieder strecken konnten. Diese Trucks sehen von außen immer so verdammt groß aus. Aber verbringt mal zehn Stunden auf der Rückbank dieses Gefährts mit den Knien beinahe bei den Ohren, dann wird euch bewusst, dass diese Art Fortbewegungsmittel für zwei und nicht vier Personen konstruiert wurde.Trotz dieser Umstände sind wir alle gut gelaunt angekommen und haben uns, dann auch gleich einmal umgesehen. Für mich war das ganze natürlich super aufregend, da es meine aller erste Alpaka und auch meine erste Tiershow überhaupt war. Sehr gespannt betrat ich somit die große Halle in der das ganze stattfinden sollte.
Überall waren kleine quadratische Ställe zu sehen in denen sich jeweils ein großer Haufen Sand befand und in manchen waren auch schon Alpakas vorzufinden. Wie sich einige von euch nun bestimmt schon denken konnten, war unsere erste Aufgabe den Sand zu schaufeln und ebenmäßig zu verteilen. Danach haben wir den Truck entladen und alle notwendigen Sachen rein gebracht. Wassereimer wurden gefüllt, die Heutaschen in die Ställe gehangen, die Farben wurden dabei natürlich dem Geschlecht angepasst Rosa für die Mädchen Schwarz und Blau für die Jungs und die Banner an eben jenen Seiten des Stalles angebracht an welchen die Alpakas Kontakt zu fremden Alpakas haben könnten. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme um die Ansteckungsgefahr zu verringern, falls eines der Alpakas krank sein sollte. Aber es dient natürlich auch dem Werbezweck. Immerhin ist darauf ganz groß und gut leserlich das Logo der jeweiligen Farm zu finden. Als wir all das erledigt hatten, durften auch unsere lieben Tierchen endlich ihr neues Reich betreten. Das Alles war ganz schön aufregend. Für fünf von den sechs Alpakas war das nämlich der erste Ausflug überhaupt. Noch nie waren sie so weit von zuhause weg und ohne all ihre Alpaka-Freunde. Was für Alpakas ziemlich viel Stress bedeutet, da sie durch und durch Herdentiere sind und demzufolge nicht gerne voneinander getrennt werden. Doch als wir sie in die große Halle brachten ging das Gebrumme und Gesumme auch schon los, da Alpakas sehr gesellig sind mussten sie sich natürlich gleich mal vorstellen und mit jedem bekannt machen. Nachdem sie, dann trotz der vielen neuen Bekanntschaften, ihren Weg in den Stall gefunden hatten wurde dieser auch gleich mal etwas genauer unter die Lupe genommen. Da sie es lieben sich auf dem Boden zu wälzen, mit Vorliebe in Sand wurde dies auch sofort erledigt. Ist ja nicht so, dass sie am nächsten Morgen hübsch und präsentabel aussehen mussten.
Nun war das Wichtigste also erledigt. Jetzt hieß es alte Bekannte begrüßen und sich die Gegner anschauen. Für mich war es allerdings etwas schwer das Ganze als eine Art Wettbewerb zu sehen, da ich mindestens an jedem zweiten Gehege stehen blieb und mir nur noch Worte wie „oh schau mal wie süß der ist“ oder „der sieht aber hübsch aus“ über die Lippen kamen. Die Zeit verging wie im Fluge und schon war es Abend geworden. Wir machten uns auf den Weg zu unserem Motel um endlich einzuchecken und unser Gepäck loszuwerden. Wie ich später herausfand waren in dem Motel leider keine Tiere erlaubt. Ich hätte meinen Buddy Hurricane liebend gerne mitgenommen um das riesige Zimmer mit ihm zu teilen, dann wäre ich auch nicht so alleine gewesen. Nachdem ich nämlich meinen Zimmerschlüssel in Form einer Karte erhalten und auch den dazugehörigen Raum gefunden hatte, wäre ich fast wieder zurück zur Rezeption gegangen, um der Lady dort zu erklären, dass sie mir das falsche Zimmer gegeben hatte. Was ich vorfand war nämlich ein riesiges Zimmer mit zwei Queensize Betten, einen Kamin mit dazu passenden Sesseln, eine Küche und glücklicherweise auch ein Badezimmer. Doch da mir der Raum recht gut gefiel habe ich, dann doch beschlossen niemandem von diesem Fehler zu erzählen und es mir einfach gemütlich gemacht. Allerdings hatte ich mir umsonst Sorgen gemacht. Später stellte sich nämlich heraus, dass das die normalen Motelzimmer hier sind. Auf den ersten Blick war also alles super, den zweiten Blick sollte man sich allerdings lieber sparen. Zumindest als deutsches von Haus aus mit Sauberkeit verwöhntes Mädchen. Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich wohl erst einmal mit hochgiftigem Putzmittel um mich gesprüht. Aber zum Glück war von vorneherein klar, dass ich nicht viel Zeit in diesen vier Wänden verbringen musste, denn nach zehn Minuten trafen wir uns auch schon wieder draußen um bei Denny’s Abend zu essen.
Als ich es endlich ins Bett geschafft hatte war ich schon im Land der Träume angekommen bevor mein Kopf richtig auf dem Kissen lag. Lange blieben meine Augen jedoch nicht geschlossen, da der Kühlschrank es sich zu Aufgabe gemacht hatte, die ganze Nacht in verschiedenen Tonlagen und Lautstärken vor sich hin zu brummen.
Um 7.20 Uhr haben wir uns alle auch schon wieder im Speiseraum zum Frühstücken getroffen. Falls ich mich jemals über das Frühstück in einem deutschen Hotel beschwert habe, nehme ich hiermit alles zurück und entschuldige mich von ganzem Herzen! Pappteller, Pappbecher, Plastikbesteck, süße Teilchen aus der Packung und ein paar Scheiben Toastbrot. Naja ich will mich nicht beschweren es war vielleicht nicht super lecker, aber ich bin hier um Kanada ein bisschen besser kennenzulernen und da gehört eben auch das viel zu süße Motelfrühstück dazu. Nach diesem nicht ganz befriedigendem Frühstück machten wir uns auf, um nach unseren Tierchen zu sehen und alle auf die Show vorzubereiten.
Als die Unparteiische (Judge) eingetroffen war gab es erst einmal eine kleine Versammlung aller Leute die Tiere zeigen wollten. Bei dieser Versammlung erklärte der Judge wie alles ablaufen wird und welche Regeln es gibt: Jeder muss einen bestimmten Weg ablaufen. Nachdem man diesen beendet hat stellt man sich an die vom Helfer des Judges zugewiesene Position. So kommt es, dass wenn alle den Weg zu Ende gegangen sind, eine oder zwei Reihen mit Alpakas und ihren Menschen zu sehen sind. Danach schaut der Judge sich jedes Alpaka einmal von vorne und einmal von hinten an, während sie in diesen Reihen stehen bleiben müssen. Von so vielen schönen Popos an einem Tag können die meisten nur träumen. Anschließend wird ein Alpaka nach dem anderen nach vorne gewunken und genauer unter die Lupe genommen. Die Geschlechtsteile, das Vlies, die Zähne, die Körperform und der Kopf werden genauer betrachtet. Man sagt das Vlies zählt 60% und der Körperbau 40%. Beim Vlies kommt es darauf an wie fein es ist und ob es schön gewellt ist. Am Ende werden drei bis sieben Plätze vergeben. Die Anzahl der Plätze kommt immer auf die Anzahl der Tiere in jeder Klasse an. Die Plätze eins bis vier bekommen dann eine Schleife wie sie auch Pferde immer bekommen, wenn sie etwas gewinnen.
Anschließend machte sich jeder mehr oder weniger schnell auf zu seinen Tieren um jene auf die Show vorzubereiten. Man versucht noch einmal sie von all dem Heu zu befreien oder ihnen eine schöne Frisur zu verpassen.
Das Ganze ist in 20 Klassen unterteilt, damit weiß nicht gegen schwarz und ein Baby nicht gegen einen zwei Jahre alten Knacker antreten muss. Auch werden Mädchen und Jungen getrennt, da man diese nicht nur anhand des Geschlechts sondern auch an dem unterschiedlichen Körperbau voneinander unterscheidet. Gestartet wurde mit den weißen Babymädchen, danach waren die weißen Jungen an der Reihe und so weiter und sofort. In den ersten neun Klassen wurden nur die Babys gezeigt. Das einzige was sich änderte waren die Farben und das Geschlecht. Die Klassen neun bis 20 beherbergten dann die etwas älteren Generationen.
Unser erster Kandidat war Hallo, als weißer Babyjunge kam er schon in der zweiten Klasse an die Reihe. Er war der allererste seiner Gruppe der den Ring betrat. Ganz aufgeregt saß ich an unserem Tisch und wusste nicht ob ich nun wie in Deutschland die Daumen drücken oder wie hier zu Lande die Finger kreuzen sollte. Letzten Endes entschied ich mich dazu einen Daumen zu drücken und mit der anderen Hand die Finger zu kreuzen. Glück aus zwei Ländern kann ja nicht schaden. Hallo, von Sylvia in den Ring geführt machte einen super Job und lief wie ein Topmodel durch den Ring, allein dafür hätte er schon den ersten Platz verdient. Auch als er nach vorne gewunken wurde hat er sich super verhalten. Am Ende hat es, aber leider nicht für eine Platzierung gereicht. Wie wir schon nach der ersten Runde vermutet hatten stand unser Judge mehr auf groß gewachsene Alpakas und da unser Hallo eben noch nicht der größte ist hat sie ihm geraten noch ein bisschen zu wachsen und dann wieder zukommen. Ich verbrachte die meiste Zeit damit einfach zu schauen und zu lernen, was ein Alpaka haben muss, um zu gewinnen.
Doch als unser nächster Kandidat an die Reihe kam wurde ich einmal mehr ziemlich nervös. Die nächste war Belgian Queen, ein wunderhübsches beiges Mädchen von Craig, die ihren Namen der belgischen Fußballnationalmannschaft verdankte. Da am Tag ihrer Geburt eben jene ein Spiel gewonnen hatte. Auch sie meisterte die Zeit im Ring wie ein wahrer Champion und diesmal wurde dieses Alpaka dafür sogar mit dem ersten Platz belohnt. Viel Zeit um diesen Sieg zu feiern blieb uns jedoch nicht, denn in der nächsten Klasse befand sich auch schon mein Buddy und absoluter Liebling Hurricane. Total aufgekratzt und hibbelig saß ich auf meinem Stuhl, drückte und kreuzte alle mir zur Verfügung stehenden Finger. Wie ein großer Junge betrat er den Ring und marschierte stolz erhobenen Hauptes den vorgegeben Weg entlang. Man konnte schon da anhand des langen Blickes, welcher der Judge meinem Buddy zuwarf erkennen, dass sie Gefallen an ihm gefunden hatte. Auch bei der genaueren Begutachtung nahm sie sich viel Zeit und schaute ihn sich genau an. Doch gereicht hat es, dann leider „nur“ für den zweiten Platz.
Unsere Hope war die nächste, sie hat es leider nicht aufs Treppchen geschafft. Nach ihr kam Congo, ein kleiner dunkelbrauner Junge von Craig an die Reihe. Doch bevor es wirklich ernst wurde meinte Craig, welcher neben mir stand, plötzlich ganz cool mir mitteilen zu müssen, dass ich mit Congo in den Ring solle. Meine Reaktion sah vermutlich so aus: Augen quellen fast aus ihren Höhlen, der Mund formt sich zu einem großen O, der Körper geht in Abwehrhaltung, der Kopf fängt heftig an sich von rechts nach links zu bewegen. Um diese Bewegung zu unterstützen kommt mir nur noch ein Wort in Endlosschleife aus dem Mund „neinneinneinneinneinneinneinnein“. Craig lächelte mich jedoch nur wissend an und meinte, ich könnte es mir ja noch überlegen und auch Sylvia meinte, ich solle es doch einfach mal ausprobieren. Keine zehn Minuten später war mir klar, dass ich diese einmalige Chance nicht einfach an mir vorbeiziehen lassen konnte und ich mir sonst spätestens abends im Bett Vorwürfe machen würde. Dazu kam auch noch, dass ich mir vorgenommen hatte, ich versuche alles mir Mögliche auszuprobieren solange ich hier bin. Da blieb mir ja eigentlich keine andere Möglichkeit mehr. Denn gleich bei der ersten Gelegenheit mit diesem Vorsatz zu brechen wäre wohl keine sonderlich gute Voraussetzung gewesen. Also kratzte ich all meinen Mut zusammen und teilte Craig mit, dass ich es machen würde. Er gab mir noch schnell einen Crashkurs in Sachen Alpaka durch den Ring führen und schon ging es los. Während ich mich also mit den anderen am Rand des Rings aufstellte rief ich mir die Worte des Judges wieder in Erinnerung:“ Denkt daran ich beurteile die Tiere nicht euch“, doch auch diese Worte ließen den Pudding aus meinen Beinen nicht verschwinden. Viel Zeit zum Nachdenken blieb mir, dann auch glücklicherweise nicht mehr, da winkte mich der Judge auch schon in den Ring. Was hat Craig nochmal gesagt? Ah ja Augenkontakt zum Judge aufbauen! Hm Mist der schaut mich ja gar nicht an. Dafür sorgen, dass Congo‘s Kopf immer schön oben bleibt und nicht an der Leine ziehen er läuft von alleine. Kopf ist oben, immerhin eine Sache die zu klappen scheint. „Congo komm schon beweg dich!“ Ja er läuft von alleine, aber wenn wir am Ziel ankommen sind unsere Zuschauer nur noch Skelette. Congo kann nämlich langsamer gehen als eine Schnecke kriecht. Ich versuche also ihm Feuer unter dem Hinter zu machen indem ich ihn anflehe einen Zahn zuzulegen, doch im Gegensatz zu mir ist Congo nicht aus der Ruhe zu bringen. Nach gefühlten Stunden kommen wir an unserem Platz in der Reihe an und warten nun darauf, dass wir nach vorne gewunken werden. Als es soweit ist und wir nach einer Ewigkeit auch beim Judge angekommen sind muss ich diesem Congos Zähne zeigen. Auch das hat mir Craig nur kurz erklärt, gemacht hatte ich es noch nie. Naja Augen zu und durch. Linker Arm umschlingt den Halst, rechte Hand nähert sich dem Mund, rechter Zeigefinger legt sich auf die Oberlippe, rechter Mittelfinger auf die Unterlippe und zack, beide Finger auseinanderziehen und schon präsentiere ich dem Judge Congos schönstes Lächeln. Wieder zurück an unserem Platz in der Reihe angekommen, kommt mir das alles gar nicht mehr so schlimm vor und ich bin auch ein bisschen stolz auf mich, dass ich mich getraut habe. Ich mein wer kann von sich selbst schon behaupten er war in Kanada auf einer Alpakashow UND hat selbst ein Tier gezeigt?! Wie wir schon erwartet hatten wurde Congo fünfter und somit letzter seiner Gruppe, da auch er wie der Judge sagte noch ein bisschen wachsen müsste. Doch als dieser mir am Ende unserer Klasse die Hand schüttelte bekam ich noch ein leises gut gemacht zugeraunt. Auch wenn Congo nicht gewonnen hat war er mit Sicherheit der Süßeste und Kleinste im Ring und jedes weibliche Wesen an dem wir auf unserem Weg zurück in den Stall vorbeikamen war einfach nur entzückt von diesem „süßen Jungen“. Nach Congo war nur noch Matrix, ein zweijähriger Alpakahengst der dieses Jahr zum ersten Mal für die Zucht verwendet wird an der Reihe. Auch er machte einen guten Job und wurde dafür sogar mit dem dritten Platz belohnt. Um 16 Uhr war für diesen Samstag alles geschafft. Nachdem wir die Tiere versorgt hatten gingen wir gleich Abendessen, da wir später noch zu einer Diskussionsrunde über Alpakas gehen wollten. Das Abendessen stellte sich als sehr lecker heraus und die Diskussion als unverständlich. Woran zum Einen wohl die Müdigkeit und zum Anderen mein nicht vorhandenes Allgemeinwissen über die Registrierung von Alpakas schuld waren. Doch trotzallem war auch der Abend noch sehr schön, da ich mit Sylvia und Craig immer etwas finde über das wir Tratschen können und es stets lustig zugeht. Ebenso schnell wie die Nacht davor fielen mir auch diese Nacht die Augen wieder zu, doch diesmal schaffte es der Kühlschrank nicht mir meine wohlverdiente Nachtruhe zu zerstören.
Sonntag. Tag der Meisterschaften.
Alle erst und zweitplatzierten haben sich Automatisch für die Meisterschaft ihrer jeweiligen Farbe qualifiziert. Nun wird allerdings nicht mehr nach Alter und Geschlecht getrennt. Zwischen sechs und zehn Tiere befinden sich in jeder Meisterschaftsrunde. Der Ablauf bleibt der gleiche. Man läuft den vorgegebenen Weg stellt sich in einer Reihe auf und wartet bis man nach vorne gerufen wird. Auch das Helferlein des Judges hat wieder dieselbe Aufgabe und muss sein Sweatshirt für die Vliesproben opfern. Der Judge zupft nämlich aus jedem Alpakavlies eine Strähne raus um zu sehen wie fein es ist, doch damit sie das richtig beurteilen kann muss sie es je nach der Farbe auf einen weißen oder einen schwarzen Untergrund legen. Dafür haben die Judges extra Ärmel zum überziehen, doch es ist praktischer es einfach dem Helferlein auf den Arm zu drücken.
Abgesehen von den Meisterschaften der verschiedenen Farben, kann man auch noch einen Titel für das beste Vlies gewinnen. Bei dieser Meisterschaft werden dem Judge die Augen verbunden und er darf nur noch mit den Händen fühlen. Es werden immer zwei Alpakas nebeneinander gestellt und der Judge befühlt beide gleichzeitig und das schlechtere Alpaka muss den Ring sofort verlassen. Um bei dieser Meisterschaft dabei sein zu dürfen muss man vom Judge in seiner eigentlichen Klasse ein spezielles Ticket bekommen haben. Drei unserer Alpakas haben genau so ein Ticket erhalten und somit durfte ich Sonntagmorgen gleich ein zweites Mal in den Ring, diesmal mit Belgian Queen. Es ging alles viel schneller als beim ersten Mal, da man keinen bestimmten Weg laufen, oder dem Judge die Zähne zeigen musste. Man läuft rein, der Judge befühlt das Alpaka man läuft raus oder bleibt so lange stehen bis ein besseres Alpaka kommt. Belgian Queen und ich mussten den Ring leider gleich wieder verlassen. Naja die beste Ihrer Klasse ist sie immerhin geworden und somit steht noch die Meisterschaft ihrer Farbe für sie aus. Keines unserer Alpakas hat die Meisterschaft für das beste Vlies gewonnen, doch durften sie alle noch einmal zur Meisterschaft ihrer Farbe antreten. Da läuft das Ganze, dann auch etwas anders ab. Die Erstplatzierten laufen wie gewohnt in den Ring ein, die Zweitplatzierten stellen sich jedoch einfach hinter demjenigen auf der besser als sie in der ursprünglichen Klasse war. Nur wenn derjenige, der vor ihnen steht, Champion wird dürfen sie einen Platz nach vorne rücken und haben die Chance reserve Champion zu werden.
Nachdem alle Champions und reserve Champions gekürt wurden, leider hat es dieses Jahr für keines unserer Alpakas gereicht, stand nun noch der supreme Champion aus. Hier kommen alle Champions in den Ring und nun wird auch nicht mehr in Farbe unterschieden sondern das beste Tier der ganzen Show gesucht. Rick der Mann mit sieben Alpakas in den Championrunden ist supreme Champion geworden, besser gesagt sein Alpaka Imagine und auch unter den anderen Champions und reserve Champions waren viele seiner Tiere.
Nun war es also vorbei. Das Wochenende auf das ich so hingefiebert hatte war wie mit einem Wimpernschlag vergangen, doch die zehnstündige Heimfahrt lag noch vor uns. Diesmal brachen wir nicht mitten in der Nacht sondern mitten am Tag auf. 12 Uhr mittags das bedeutete sobald wir einen Timi sehen müssen wir halten. Nun war ich auch fit genug um mir alles genau anzusehen und die Unterschiede der Landschaft zu bemerken. Alberta sieht für mich ein bisschen wie eine Wüste aus, es gibt nicht sonderlich viel Grünes zu sehen, doch je näher man den Rockies und B.C kommt desto schöner und grüner wird es. Einfach unglaublich wie sich die Landschaft innerhalb von nicht einmal vier Stunden Autofahrt so verändern kann. Von Flachland und wüstenartigen Verhältnissen zu gigantischen Bergen und dunkelgrünen Wäldern. Allerdings blieben jene nicht lange dunkelgrün, denn so wie es aussah wollte der Wettergott uns nicht so einfach davonkommen lassen. Deshalb schickte er uns wohl ein bisschen Schnee, oder wie es ein Deutscher sehen würde ein bisschen: „So viel Schnee habe ich in meinem Land noch nie gesehen“. Trotz des Schnees blieb der Ausblick einfach atemberaubend und je näher wir unserem Zuhause kamen desto grüner wurde alles und am Ende waren auch schon ein paar wunderschön blühende Bäume zusehen. An alle Radfahrer und Biker da draußen, schnappt euch euer Radel und macht euch auf nach Kanada für eine Tour durch die Rockies. Eine schönere Strecke könnt ihr nicht finden und noch dazu seid ihr vermutlich einige der wenigen Radfahrer, denn hier haben es die Leute nicht so mit anderen Fortbewegungsmitteln als dem Auto oder eben dem Motorrad.
Doch auch diese Reise muss einmal zu Ende gehen. Zuhause angekommen bringen wir unsere Tierchen wieder zurück in ihr Zuhause wo sie von ihren Freunden schon sehnsüchtig erwartet wurden. Auch Craigs Tiere werden verladen, allerdings nur in seinen Trailer, doch dann ging es auch für sie ab nach Hause. Nun noch schnell ein selbstgekochtes, gesundes und sehr leckeres Chilli genießen, die gewonnene Schleife zu den vielen anderen hängen und ins Bettchen schlüpfen. Es wird wohl eine Weile dauern bis ich dieses Wochenende verdaut habe. Es war einfach super und ich habe so unendlich viel Neues gelernt, dass ich Angst habe mir nicht alles merken zu können. Auf jeden Fall ein Erlebnis das ich so schnell, oder wahrscheinlich nie vergessen werde.
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